Innovation
Innovation als Treiber für mehr Nachhaltigkeit im Einklang mit unserer Unternehmensvision, uns vollständig auf die Kreislaufwirtschaft auszurichten, ist für Covestro ein Kernelement der Strategie und Teil der eigenen Identität. Unser Innovationsverständnis ist dabei weit gefasst: Wir bauen nicht nur auf die klassische Forschung und Entwicklung (F&E), sondern darüber hinaus auch auf das hohe Kreativitätspotenzial im gesamten Unternehmen. Wir ermutigen alle Mitarbeitenden, Innovation bei Covestro voranzutreiben.
Auf allen Ebenen arbeiten wir in enger Abstimmung mit dem für Innovation verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden daran, neue Produkte zu entwickeln, etablierte Produkte zu verbessern sowie Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren zu optimieren, um unsere Position im globalen Wettbewerb zu halten und zu stärken. Auch Anwendungsbereiche sowie Geschäftsmodelle und -prozesse werden fortlaufend hinterfragt.
Innovation bei Covestro wird in drei Kernbereichen gebündelt: Zum einen betreiben wir geschäftsnahe F&E in den Geschäftseinheiten. Hier verfolgen wir spezifische, kurz- und mittelfristig ausgerichtete F&E-Themen. Zum anderen befasst sich die Unternehmensfunktion Group Innovation überwiegend mit mittel- und langfristigen Themen rund um Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung. So werden im Rahmen sogenannter Innovationsplattformen strategisch maßgebliche Themen wie bspw. chemisches Recycling oder Einsatzmöglichkeiten alternativer Rohstoffquellen für unser Produktportfolio vorangetrieben. Darüber hinaus verantwortet Group Innovation die Bereitstellung einer global abgestimmten F&E-Infrastruktur und unterstützt die Geschäftseinheiten bei der Forschung und Entwicklung. Zusätzlich verantwortet die Unternehmensfunktion Process Technology kurz-, mittel- und langfristige Entwicklungen. Sie verbessert zum einen mit kurz- und mittelfristig ausgerichteten F&E-Projekten bestehende Produktionsprozesse und treibt zum anderen Prozessentwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung, die häufig einen mittel- bis langfristigen Charakter haben, voran. Die Verzahnung und Koordination der drei Bereiche für Innovation erfolgt in konzernweiten Steuerungsgremien unter dem Vorsitz des Vorstandsvorsitzenden. Die Abstimmung von Innovations- mit Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsthemen wird durch die Mitgliedschaft der Leitung der Unternehmensfunktion Group Innovation in den entsprechenden funktionsübergreifenden Steuerungsgremien, wie z. B. dem ESG Governance Body (ESG GoB), sichergestellt.
Innovationsmanagement
Über unser konzernweites, funktionsübergreifendes Innovationsmanagement stellen wir sicher, dass unsere laufenden und geplanten Aktivitäten wie auch die Projekt-Pipeline stets den Bedürfnissen unserer Abnehmerindustrien und Endverbrauchermärkte entsprechen. Covestro nutzt hierfür vielfältige Werkzeuge: So bewerten wir jedes F&E-Projekt nach einem standardisierten Verfahren und bringen die gewonnenen Erkenntnisse in laufende und künftige Projekte ein. Zur Diskussion und Bearbeitung von neuen, kreativen Ideen aus allen Teilen des Unternehmens steht die globale digitale Plattform „idea.lounge“ zur Verfügung. Unabhängig davon können Mitarbeitende in Deutschland eine weitere digitale Plattform namens „Covestro Ideenmanagement“ nutzen, über die im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens alle Verbesserungsvorschläge verwaltet werden. In der regional stattfindenden Innovationsveranstaltung „Innovation Celebration“ zeichnen wir bspw. weltweit Projekte von Mitarbeitenden aus, die unser breites Innovationsverständnis widerspiegeln. Prämiert werden innovative Ideen in den Kategorien „Produkte und Anwendungen“, „Produktion und Produktionsprozesse“, „Geschäftsmodelle und Kommerzialisierung“, „Interne Geschäftsprozesse“ sowie „Patente und geistiges Eigentum“. Weiterhin umfasst das Innovationsmanagement die systematische Etablierung und Steuerung von lokalen sowie globalen Kooperationen zur Gewinnung strategisch relevanter, für Covestro komplementärer Kompetenzen.
Nachhaltiges F&E-basiertes Innovationsportfolio
Covestro bringt bereits zahlreiche nachhaltige Lösungen auf den Markt und hat den Anspruch, künftig noch stärker an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (United Nations Sustainable Development Goals, SDGs) ausgerichtete Produkte zu entwickeln und zu vermarkten. Um dies zu erreichen, stellen wir unser Produktportfolio kontinuierlich auf nachhaltige Lösungen um, indem wir z. B. bereits in der Forschung und Entwicklung bewusst nach einem deutlich nachhaltigeren Projektportfolio streben. Diese Ausrichtung ermöglicht es uns, frühzeitig auch unkonventionelle und neuartige Ansätze zu identifizieren, zu untersuchen und zu testen. So tragen wir durch unsere F&E-Produkte und -Technologien zur Erreichung der SDGs bei.
UNSER ZIEL IM BEREICH INNOVATION
STAND 2022
51 %
der Projektkosten
2021: 54 %
Unser F&E-Projektportfolio soll im Einklang mit den SDGs stehen. Bis zum Jahr 2025 sollen 80 % der Projektkosten für Forschung und Entwicklung in Bereichen eingesetzt werden, die zum Erreichen dieser Ziele beitragen.
Im Einklang mit unserem ambitionierten Ziel, 80 % der Projektkosten für F&E in Bereichen einzusetzen, die zum Erreichen der SDGs beitragen, setzen wir uns hohe Maßstäbe bei der Bewertung unserer Projekte. Daher ziehen wir nur solche Projekte für die Bemessung unseres Ziels in Betracht, die einen zusätzlichen Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten. Um diesen zusätzlichen Beitrag zu messen, haben wir seit dem Geschäftsjahr 2020 einen unternehmensweiten Bewertungsprozess innerhalb des bestehenden Innovationsprozesses implementiert, der den Fortschritt der Projekte überprüft. Im Rahmen dieses Prozesses wird jedes F&E-Projekt basierend auf internen Fachinterviews bewertet. Anhand von konkreten Fragen werden die Auswirkungen eines Projekts und seiner Ergebnisse auf alle 17 SDGs beurteilt. Nur die Projekte, die die definierte Schwelle hinsichtlich des Grads ihres Beitrags zu den SDGs im Vergleich zu derzeit bestehenden Lösungen im Markt überschreiten, finden Berücksichtigung. Auch im Berichtsjahr 2022 fand dieses Bewertungsschema für das F&E-Portfolio von Covestro Anwendung. In diesem Portfolio überschreiten nun 51 % und damit 39 Mio. € (Vorjahr: 54 % und 40 Mio. €) der F&E-Projektkosten die definierte Schwelle hinsichtlich des Grads ihres Beitrags zu den SDGs. Eine Veränderung im Projektportfolio ist sichtbar, da der Kennzahl mehr Projekte zugerechnet werden können, die jedoch im Berichtsjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr weniger Kosten generiert haben. Die F&E-Projekte des im Jahr 2021 von Koninklijke DSM N.V., Heerlen (Niederlande), akquirierten Geschäftsbereichs Resins & Functional Materials (RFM) wurden im Jahr 2022 bereits zu einem großen Teil nach dem oben beschriebenen Bewertungsprozess evaluiert. Jedoch konnten die RFM-spezifischen F&E-Projektkosten nicht für das komplette Berichtsjahr 2022 im System abgebildet werden, sodass diese Projekte bei der Ermittlung der Zielerreichung für das Berichtsjahr noch nicht berücksichtigt wurden.
Im Geschäftsjahr 2022 betrugen unsere gesamten F&E-Aufwendungen 361 Mio. € (Vorjahr: 341 Mio. €). Im Wesentlichen wurden die Mittel für die Erschließung neuer Anwendungslösungen für unsere Produkte sowie die Weiterentwicklung von Produkten und Prozesstechnologien verwendet. Zum 31. Dezember 2022 waren weltweit 1.477 Mitarbeitende* (Vorjahr: 1.477) in der Forschung und Entwicklung tätig. Die meisten von ihnen arbeiteten an den drei größten F&E-Standorten in Leverkusen, in Pittsburgh, Pennsylvania (USA), und in Shanghai (China).
*Die Anzahl der Mitarbeitenden (Festanstellungen und befristete Arbeitsverhältnisse) bezieht sich auf Vollzeitbeschäftigte (Full Time Equivalents, FTE). Teilzeitbeschäftigte werden dabei gemäß ihrer vertraglichen Arbeitszeit proportional berücksichtigt. Auszubildende sind in dieser Kennzahl nicht enthalten.
Strategische Partnerschaften und Kooperationen
Forschung und Lehre
Durch interne Aktivitäten und externe Kooperationen mit strategischen Partnern aus Industrie und Wissenschaft möchte Covestro die Effizienz seiner Forschung steigern. Kooperationen sowie die Zusammenarbeit in großen, öffentlich geförderten Konsortien prägen die Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen und Universitäten sowie Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette.
Covestro pflegt langjährige und strategische Partnerschaften mit verschiedenen Universitäten. Hierzu gehören bspw. die RWTH Aachen University, die Tongji-Universität in Shanghai (China) oder die University of Pittsburgh, Pennsylvania (USA). Auf dem Weg zur vollständigen Ausrichtung auf die Kreislaufwirtschaft brauchen wir Kooperationspartner, die dieses Ziel inhaltlich und technisch mit uns verfolgen. So ist die RWTH Aachen University vor allem für ihre Arbeit in der chemischen Prozessentwicklung bekannt. Davon profitiert besonders unsere Zusammenarbeit im Rahmen der kooperativen Forschungsorganisation CAT Catalytic Center, die es uns erlaubt, Katalyse- und Prozessforschung zu kombinieren und daraus neue chemische Prozesse zu entwickeln, die sich im industriellen Maßstab umsetzen lassen. Mit der Tongji-Universität kooperieren wir besonders, wenn es um Werkstoffe für nachhaltiges Bauen und Stadtplanung geht. An der University of Pittsburgh wiederum engagiert sich Covestro im Rahmen des „Covestro Circular Economy Program“ im Wesentlichen im Bereich (Weiter-) Bildung zum Thema Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus bauen wir unsere Kompetenzen im Bereich des chemischen Recyclings von Polymeren aus. Dafür kooperieren wir mit dem Shanghai Institute for Organic Chemistry (SIOC), der Chinese Academy of Sciences in Shanghai (China) und der Tohoku-Universität in Tokio (Japan).
Derzeit befindet sich an der RWTH Aachen University das vom Bundesland Nordrhein-Westfalen geförderte Inkubationszentrum „QuinCAT – Quick Incubation in Catalysis“ im Aufbau, das von Covestro unterstützt wird und im Jahr 2023 in Betrieb genommen werden soll. Dort sollen chemische Ideen so weiterentwickelt werden, dass sie im nächsten Schritt eine Gesellschaftsgründung (Start-up-Gründung) ermöglichen. Covestro berät bei diesem Prozess und wird bei Inkrafttreten des Lenkungsausschusses durch unseren Vorstandsvorsitzenden vertreten.
Um die Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie zu etablieren, müssen verschiedene Recyclingtechnologien parallel entwickelt werden, damit bessere Verfahren zur Verfügung stehen. Covestro kooperiert hier mit der RWTH Aachen University im Bereich der Enzym- und Biotechnologie mit Fokus auf drei Themen. Erstens soll enzymatisches Polymerrecycling entwickelt werden, um Kunststoffe am Ende des Lebenszyklus ohne Aufwand oder Nebenwirkungen in verwertbare Monomere umzuwandeln. Zweitens soll ein steuerbarer Abbau für in die Umwelt freigesetzte Kunststoffe entwickelt werden, sodass sich diese vollständig in der Natur zersetzen (programmierte Biodegradation). Drittens werden enzymatische Verfahren zur Aufbereitung von Abwässern aus der Kunststoffproduktion entwickelt, sodass Wertstoffe wiedergewonnen und in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden können. Die Kooperation wird über die nächsten fünf Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Weitere Kooperationsprojekte
Im Rahmen des Verbundprojekts „PUReSmart“ hat Covestro ein innovatives Verfahren für das chemische Recycling von Polyurethan-Weichschaum aus gebrauchten Matratzen entwickelt. Mit dieser neuen Technologie lassen sich sowohl Recycling-Polyol, das die Wiederverwertung beim Kunden erlaubt, als auch ein recyceltes Toluylen-Diamin (TDA), das sich für die Weiterverarbeitung zu Toluylen-Diisocyanat (TDI) eignet, herstellen. Beide Materialien werden für die Herstellung von Weichschaumstoffen wie bspw. Matratzen verwendet. Wir möchten so fossile Ressourcen in der Produktion ersetzen, den CO2-Fußabdruck unserer Materialien reduzieren und neue Lösungen für den Umgang mit Kunststoffabfällen schaffen. Covestro betreibt am Standort Leverkusen eine Pilotanlage für das Recycling von Polyurethan-Weichschäumen, um Laborergebnisse zu bestätigen und Erkenntnisse für weitere Skalierungsschritte zu gewinnen. Diese Aktivitäten werden unter dem Namen „Evocycle® CQ Mattress“ geführt.
Unsere Kooperationen erstrecken sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette und verbinden die Chemie- und Recyclingindustrie. So arbeiten wir mit dem Umweltdienstleister Interzero Circular Solutions GmbH, Köln, auf dem Gebiet des innovativen Recyclings von Kunststoffabfällen zusammen, und gemeinsam mit der französischen Umweltorganisation Éco-mobilier – SAS, Paris (Frankreich), bemühen wir uns darum, das Recycling von Abfällen aus Matratzen und Polstermöbeln weiterzuentwickeln, sodass sie in der Produktion wiederverwendet werden können.
Covestro arbeitet ebenfalls daran, den Materialkreislauf für Polyurethan-Hartschaumstoffe zu schließen. Diese tragen bspw. als Dämmmaterial in Kühlgeräten und Gebäuden zu einer Steigerung der Energieeffizienz bei. Das europäische Projekt „CIRCULAR FOAM“ wurde im Jahr 2021 mit 22 Partnern aus neun Ländern ins Leben gerufen und wird von Covestro koordiniert. In den nächsten vier Jahren sollen Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ein umfassendes Lösungsmodell für ein koordiniertes Abfallmanagement und geeignete Recyclingverfahren solcher Schäume entwickeln. Auch hier geht es um die Rückgewinnung der ursprünglich eingesetzten Rohstoffe – von Polyolen und einem Amin, das als Vorprodukt für Diphenylmethan-Diisocyanat (MDI) eingesetzt wird. Im Laufe des Berichtsjahres fanden bereits zwei offizielle Termine mit allen Partnern zur fortlaufenden Diskussion der Forschungsergebnisse und Projektfortschritte statt.
Covestro arbeitete auch im Berichtsjahr weiterhin mit Circularise, Den Haag (Niederlande), DOMO Chemicals, Leuna, und Asahi Kasei, Tokio (Japan) zusammen, um einen offenen Blockchain-Standard für die Erstellung eines Datenaustauschprotokolls zu entwickeln. Damit soll die Nachverfolgung von Materialien entlang der Wertschöpfungs-kette ermöglicht werden, während sensible Produktinformationen geschützt bleiben. Covestro hat im Berichtsjahr Pilotprojekte ausgeweitet, um die Rückverfolgbarkeit, die Bestimmung der Materialherkunft sowie die Berechnung des CO2-Fußabdrucks und anderer Nachhaltigkeitskennzahlen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu testen. Derzeit arbeitet Covestro mit dem Nachhaltigkeitszertifizierungssystem ISCC und Circularise an der Übertragung von „ISCC PLUS“-Zertifizierungen entlang komplexer Lieferketten. Das ISCC-Pilotprojekt umfasst neben Covestro weitere Materiallieferanten, Erstausrüster sowie das Handelsunternehmen Itochu, Tokio (Japan).
Digitale Innovationen
Covestro treibt die Digitalisierung und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten für die gesamte Wertschöpfungskette der Chemie- und Kunststoffindustrie entschieden voran. Mit einem umfassenden strategischen Programm nutzt Covestro die Chancen der Digitalisierung, insbesondere durch die intelligente Verwendung von Daten, und setzt neue Standards in der Zusammenarbeit mit Kunden. Wir verankern zunehmend digitale Technologien und Arbeitsweisen in der Produktion, entlang der Lieferkette, in F&E, in den administrativen Funktionen, an allen Berührungspunkten mit Kunden sowie in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Ein Schwerpunkt im Berichtsjahr war die Migration aller wichtigen Anwendungen in ein cloudbasiertes Umfeld.
Ein Beispiel für die Nutzung digitaler Technologien ist in der Zusammenarbeit mit Kunden entstanden. Durch die Digitalisierung des Bemusterungsprozesses für eine unserer Geschäftseinheiten und die Verwendung eines virtuellen Abbildes von physischen Materialien kann der Prozess vom Design bis zur Herstellung bei unseren Kunden beschleunigt werden. Ebenso erleichtert dies die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern von standortübergreifenden Teams. Mithilfe dieser digitalen Komponenten können Produktdesigns bereits in frühen Entwicklungsphasen realistisch visualisiert werden. Zusätzlich soll so das vorhandene Produktportfolio für Kunden greifbarer gemacht werden.
Darüber hinaus gewinnen wir mithilfe von maschinellem Lernen (Machine Learning) und künstlicher Intelligenz Erkenntnisse aus im Unternehmen vorhandenen Daten. Auf Basis der im Jahr 2021 eingeführten konzernweiten Plattform für Datenanalytik werden Anwendungsfälle entwickelt, operationalisiert und skaliert. Ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung liefert die Polyesterproduktionsanlage in Dormagen. Dort konnte durch den Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Verarbeitung umfassender Prozessdaten der Anlage eine Steigerung der verwertbaren Erzeugnismenge um schätzungsweise 2 % erzielt werden.
Auch in den F&E-Abteilungen unserer Geschäftseinheiten bringen datenwissenschaftliche Ansätze unsere Bemühungen hinsichtlich der vollständigen Digitalisierung der Bereiche voran. Unser Hochleistungsrechner-Cluster am Standort Leverkusen unterstützt die F&E erfolgreich bei der Lösung von Anwendungsfällen. Außerdem kommen die Rechenkapazitäten bspw. zur Anwendung, um komplexe Machine-Learning-Modelle zu trainieren, Algorithmen und Methoden im Bereich des Quantencomputings zu entwickeln und fotorealistische dreidimensionale Darstellungen (Rendering) von Materialien von Covestro zu erstellen. Hier setzten wir unsere Zusammenarbeit mit Google Ireland Ltd., Dublin (Irland), sowie mit Start-ups und Hochschulen fort. Zusammen mit den Forschungspartnern von Covestro wurden mehrere wichtige Beiträge zur Entwicklung von Quantenalgorithmen veröffentlicht.
Computersimulationen werden weiterhin in der F&E auf allen Ebenen umfassend eingesetzt – von der chemischen Quantenmechanik bis hin zur makroskopischen Ebene. Mit einem neuen digitalen Simulationswerkzeug können wir Analysen in großem Umfang für verschiedene Eigenschaften und Szenarien durchführen, wie z. B. für die Leistung von Katalysatoren, lösungsmittelbezogene Eigenschaften oder die Löslichkeit von Polymeren. Beispielhaft zu nennen ist ein neu entwickeltes digitales Tool, das unsere Kunden dabei unterstützt, Auswirkungen von Rezepturveränderungen auf die Eigenschaften von Schäumen direkt zu erkennen oder auch Rezepturvorschläge in Abhängigkeit von Eigenschaftsanforderungen zu erhalten. Auch wurden erste Anwendungsfälle durchgeführt, die auf die Erreichung einer vollständigen Kreislaufwirtschaft abzielen.
Wir sind bestrebt, die F&E-Prozesse in unseren Laboren vollständig zu digitalisieren. Dafür kombinieren wir verschiedene komplementäre Konzepte. So sind bereits die ersten vollständig digitalisierten Forschungslabore im Einsatz, die mit einem hohen Automatisierungsgrad detaillierte F&E-Daten erzeugen, die wiederum in unserer globalen F&E-Wissensplattform gespeichert werden können. Auf diese Weise können z. B. auf maschinellem Lernen basierende Eigenschafts- und Rezepturvorhersagen getätigt werden, die unsere Mitarbeitenden dabei unterstützen, Produkte schneller und effizienter zu entwickeln. Darüber hinaus bieten wir den weltweit tätigen F&E-Beschäftigten Möglichkeiten der digitalen Zusammenarbeit sowie Schulungsprogramme unter Verwendung von Technologien aus dem Bereich der virtuellen und erweiterten Realität (Augmented- bzw. Virtual-Reality-Technologien) an. Durch das realitätsnahe Durchlaufen verschiedener zu trainierender Szenarien ermöglichen wir höhere Sicherheitsstandards in Labors und Produktionsstätten.
Darüber hinaus wurde ein datenbasiertes zentrales Standardsystem („Covestro Monitoring Platform“) zur permanenten Analyse des Zustands unserer Produktionsanlagen geschaffen, das uns u. a. bei der kosteneffizienten und vorausschauenden Wartung von Maschinen und Anlagen unterstützt. Des Weiteren nutzen wir in großem Umfang eigene Prozessmodelle, z. B. zur Auslegung neuer Anlagen und zur Schulung unserer Mitarbeitenden mit Trainingssimulatoren für den optimalen Betrieb unserer Anlagen.
Prozesstechnologieinnovationen
Ein weiterer wesentlicher Treiber für Innovationen bei Covestro ist die Prozesstechnologie. Die entsprechende Unternehmensfunktion trägt die globale Verantwortung für die Verfahrenstechnik in der Produktion von Covestro und unterstützt das operative Geschäft in den Segmenten. Hauptziele sind die Optimierung bestehender Produktionsverfahren, die Entwicklung neuer Prozesstechnologien, die Umsetzung führender Technologien im Prozessdesign für neue Produktionsanlagen sowie die Überführung der Herstellungsverfahren neu entwickelter Produkte in einen industriellen Maßstab.
Die Optimierung unserer bestehenden Produktionsverfahren ist ein wesentliches Element zur Erreichung unseres Nachhaltigkeitsziels, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu sein. Für Covestro bedeutet dies, Treibhausgasemissionen in der eigenen Produktion (Scope 1) und bei der Beschaffung und dem Verbrauch extern erzeugter Energiearten (Scope 2) einzusparen und bis zum Jahr 2035 Netto-Null-Treibhausgasemissionen* an allen umweltrelevanten Standorten zu erreichen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Senkung der Lachgas-Emissionen in der Salpetersäureproduktion durch den Einsatz innovativer Katalysatoren, die zurzeit in entsprechenden Projekten an den Standorten Baytown, Texas (USA), und Shanghai (China) mit dem Ziel der Inbetriebnahme im Jahr 2024 umgesetzt werden. Daneben soll auch der Einsatz der Heißphosgenerzeugung die Energieeffizienz steigern. Diese Technologie wird bereits bei Covestro bspw. in der Isocyanat-Produktion in Shanghai (China) eingesetzt, was zu einer deutlichen Reduktion des externen Dampfbedarfs führt. Diese Anwendung des Verfahrens ist auch an anderen Standorten in Europa geplant. In der neuen Chlor-Alkali-Produktionsanlage in Tarragona (Spanien) wird nun erstmals die Sauerstoffverzehrkathoden-Technologie von Covestro im großen industriellen Maßstab eingesetzt, die im Vergleich zu einer konventionellen Anlage einen deutlich geringeren Strombedarf hat und damit zur weiteren Reduzierung unserer CO2-Emissionen beiträgt.
Gleichzeitig arbeiten wir daran, Emissionen zu reduzieren, indem wir die Ausbeute an Produktionserzeugnissen erhöhen und damit Abfallströme reduzieren. So konnten die Abfallmengen in der TDI-Produktion in Dormagen durch den Einsatz einer neuen Technologie zur Verarbeitung von Produktionsrückständen signifikant reduziert werden. Auch am Standort Shanghai (China) kommt diese Technologie nun zum Einsatz. Gleichzeitig arbeiten wir an der Entwicklung eines Verfahrens zur Reaktivierung eines verbrauchten Katalysators bei der Herstellung von Bisphenol A, das als Grundbaustein für Polycarbonat eine wichtige Rolle spielt. Das Verfahren wird derzeit am Standort Map Ta Phut (Thailand) getestet.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 verfolgt Covestro außerdem das Ziel, seine Produktion vollständig auf erneuerbare Energie umzustellen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Produktion von Vor- und Nebenprodukten im Bereich der Basischemikalien (Chlor, Natronlauge, Wasserstoff), die Grundbausteine für viele Produkte der chemischen Industrie sind. Ihre Herstellung aus Kochsalzlösung mittels Chlor-Alkali-Elektrolyse ist mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Covestro produziert diese drei Vor- und Nebenprodukte an seinen Standorten in Leverkusen, Krefeld-Uerdingen und Dormagen. Um diese Produktionen auf erneuerbare Energien umzustellen, wurden Leverkusen und Krefeld-Uerdingen bereits nach dem „ISCC PLUS“-Verfahren** für die Produktion des Vorprodukts Chlor zertifiziert.
*Die Erreichung von Netto-Null-Treibhausgasemissionen ist definiert als ein Gleichgewicht zwischen der anthropogenen Erzeugung von Treibhausgasemissionen (aus eigener Produktionstätigkeit sowie aus der Beschaffung und dem Verbrauch extern erzeugter Energiearten) und dem anthropogenen Abbau von Treibhausgasemissionen.
**Während bei den massenbilanzierten Rohstoffen (TDI und MDI) die Verwendung der Rohstoffe nach dem „ISCC PLUS“-Verfahren zertifiziert ist, bezieht sich bei der Chlorproduktion die Zertifizierung auf die Verwendung von erneuerbarer Energie.
Dank der Digitalisierung können Produktionsanlagen vorrausschauender gesteuert und Prozesse durch digitale Simulationen fortlaufend optimiert werden. In der Polycarbonat-Produktion in Antwerpen (Belgien) konnte so etwa die Ausschussware des Prozesses durch deren Rückführung in den Prozess in größerem Umfang reduziert werden. Somit wird eine möglichst ressourcenschonende Kreislaufproduktion unterstützt.
Auch bei der Entwicklung von neuen Produktionsverfahren zur Erreichung einer vollständigen Kreislaufwirtschaft wurden weitere Erfolge erzielt. So gelang es im Jahr 2022 erstmals, die fermentativ gewonnene Vorstufe zu biobasiertem Anilin, Aminobenzoat, im Tonnenmaßstab herzustellen. Das Verfahren wird derzeit von Covestro im Rahmen eines öffentlich geförderten Projekts mit anderen Partnern zur kommerziellen Reife entwickelt. Ebenfalls gelang es, erste Mengen biobasiertes Hexamethylendiamin (HMDA), eine wichtige Vorstufe für die Herstellung von Lackrohstoffen, in Kooperation mit dem amerikanischen Unternehmen Genomatica, San Diego, Kalifornien (USA), im Pilotmaßstab herzustellen und so Meilensteine in der Verfahrensentwicklung zu erreichen.
Produktinnovationen
In den beiden Segmenten Performance Materials und Solutions & Specialties von Covestro werden für verschiedene Industrien, insbesondere unsere Hauptabnehmerindustrien, Produktinnovationen vorangetrieben.
Automobil- und Transportindustrie
Die Automobil- und Transportindustrie befindet sich weiterhin auf dem Weg in eine elektrifizierte und autonome Zukunft. Diese möchten wir mit kundenzentrierten Innovationen aktiv mitgestalten und vorantreiben. Wir haben unsere Konzepte für Elektroautos der nächsten Generation zu standardisiert produzierbaren Technologien und Lösungen weiterentwickelt und diese im Oktober 2022 auf der weltweit führenden Kunststoffmesse „K“ in Düsseldorf vorgestellt.
Das Außenkonzept besteht aus einer Fahrzeugfront mit vollständiger Integration von Funktionalitäten wie bspw. Wärmemanagement, Licht, Elektronik und neuer Oberflächendekoration, die modular umsetzbar sind. Mit unserer transparenten Nahinfrarot-Polycarbonat-Folie aus der Makrofol®-Produktfamilie unterstützen wir darüber hinaus die Entwicklung von eingebetteten Sensoren, die für autonome und assistierte Fahrtechnologien unerlässlich sind. Damit liefern wir eine getönte Folie für die optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung (Light-Detection-and-Ranging[LiDAR]-Anwendungen), also für z. B. Frontmodule von Elektrofahrzeugen. Das Innenraumkonzept setzt ebenfalls auf Modularität – mit versteckten, nichtbeleuchteten Displays und nahtlosen Multimaterialoberflächen mit durch Berührung aktivierbaren Funktionen, die in einen maßstabsgetreuen Innenraumprototyp eingebettet sind. Dies erlaubt die Entwicklung neuartiger Innenraumdesigns, die den Bedürfnissen der Passagiere in autonomen Fahrzeugen gerecht werden. Beide Konzepte auf Basis von Voll-Polycarbonat sind auf Kreislauffähigkeit ausgelegt und basieren auf Makrolon® RE, einem Material mit im Vergleich zu herkömmlichem Makrolon® reduziertem CO2-Fußabdruck.
An Polyurethan-Anwendungen für den Innenraum von Autos und Nutzfahrzeugen werden kontinuierlich höhere Anforderungen bezüglich der Reduktion von Emissionen aller verarbeiteten Materialien gestellt. Entsprechende Verbesserungen treiben wir durch stetige Weiterentwicklung in den verschiedenen Polyurethan-Produktgruppen Bayfill®, Bayfit®, Baynat® und Baypreg® voran. Mit der Desmodur®-Produktgruppe bietet Covestro für diesen Absatzmarkt weitere nachhaltige Polyurethan-Produkte an. Diese werden nach der Massenbilanzierungsmethode bewertet. Weiterhin untersuchen wir, ob aus Autositzschäumen durch chemisches Recycling die Polyurethan-Vorprodukte bzw. deren Bestandteile wiederverwendbar gemacht werden können. Darüber hinaus wurde zusammen mit externen Partnern begonnen, die Recycelbarkeit von Sitzpolstern zu untersuchen, um so ebenfalls Rohstoffe zu erhalten, die dann wieder in der Herstellung von Polyurethan-Produkten eingesetzt werden können.
Weiterhin eröffnet die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe neue Absatzmöglichkeiten für Covestro. Mit der Einführung des Flammschutzproduktportfolios, einschließlich der Produktgruppen Makrolon®, Bayblend®, Makroblend® und Apec®, wird ein schnelles sowie sicheres Aufladen von Batterien durch vielseitige Lösungen zur Ummantelung von Akkus ermöglicht.
Mit dem neuen Kapselsystem Dockit® können Kunden Zwei-Komponenten(2K)-Klarlacke für die Autoreparatur in wenigen Sekunden herstellen. Das Kapselsystem enthält Klarlack und Härter im benötigten Mischungsverhältnis, ist auf Knopfdruck einsatzbereit und kann mit einer Spritzpistole aufgetragen werden. Bisher mussten die Rohstoffe für 2K-Klarlacke in den Autowerkstätten erst abgemessen, abgewogen und gemischt werden. Das neue System spart Zeit, verringert die Fehlerwahrscheinlichkeit und ist einfach und sicher in der Handhabung. Daneben bietet unsere Desmopan®-Serie Witterungsbeständigkeit, Transparenz und Beständigkeit zum Schutz des Autolacks gegen Umwelteinflüsse wie Splitter, Staub, Kratzer und chemische Substanzen für mehrschichtige Lackschutzfolien. Die Lebensdauer solcher Mehrschichtfolien wird durch die physikalischen Eigenschaften und die chemische Beständigkeit unserer Desmopan®-Serie erhöht. Die Haltbarkeit herkömmlich hergestellter Folien beträgt ein bis zwei Jahre, während mithilfe von Desmopan® eine Haltbarkeit von fünf bis zehn Jahren erreicht werden kann. Darüber hinaus wurde ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich Folien aus der Makrofol®-Produktgruppe mit einer verringerten Dicke herstellen lassen. Diese Folien werden in sehr dünnen Materialien wie Membranen verwendet, die z. B. in der Labordiagnostik, bei Automobil- und Elektronikzulieferern, in Belüftungssystemen in der Industrie und im Automobilbau, bei der Innen- und Außenbeleuchtung von Autos, in Isolierfolien oder Lautsprechern vorkommen.
Möbel- und Holzverarbeitungsindustrie
Auch im Bereich der Möbel- und Holzverarbeitungsindustrie legen wir den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Im Rahmen des öffentlich geförderten Projekts „PUReSmart“ der Europäischen Union (EU) wird bspw. ein innovatives Verfahren für das chemische Recycling von Polyurethan-Weichschaum aus gebrauchten Matratzen entwickelt.
Mit der Produktgruppe Desmodur® CQ sind bereits heute Produkte verfügbar, die mit einem Anteil alternativer Rohstoffe von mindestens 25 % hergestellt werden. Diese nach der Massenbilanzierungsmethode bewerteten nachhaltigeren TDI-Produkte sparen CO2-Emissionen sowie fossile Ressourcen ein und kommen bspw. in Polstermöbeln, Matratzen und der Wärmedämmung zum Einsatz.
Die Arfinio®-Spritzgießtechnologie kombiniert flüssige Hochleistungspolymere mit Mineralien und ermöglicht es Herstellern von Anwendungen für feste Oberflächen und Spritzguss so, sehr leichte und dennoch langlebige Materialien zu produzieren. Durch diese Kombination entstehen nahtlose Formen, ohne dass Platten benötigt werden. Auf diese Weise lassen sich mechanische Beständigkeit, Lichtstabilität und Reparierbarkeit sowie geringes Produktgewicht, schnelle Produktion und verbesserte Designfreiheit erzielen. Die geformten Volumenkörper können dazu verwendet werden, verschiedene Produkte von Gerätegehäusen über Innenverkleidungen bis hin zu Gebäudefassaden herzustellen.
Bauindustrie
Für die Bauindustrie arbeiten wir besonders an unserer Kernanwendung – dem Polyurethan-Hartschaum. Dieser leistet als Dämmstoff einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz. Um den Dämmstoff selbst nachhaltiger zu machen, haben wir die Produktgruppe Desmodur® um zwei klimaneutrale* Produkte erweitert, die jeweils eine Hauptkomponente bei der Produktion von Polyurethan-Dämmstoffen darstellen. Die Entwicklung von nachhaltigen Recyclinglösungen für Hartschäume erfolgt im Rahmen des EU-geförderten Projekts „CIRCULAR FOAM“. Hier wird vor allem chemisches Recycling zur Wiedergewinnung der Rohstoffe für die Produktion von Covestro entwickelt.
*Klimaneutral (Cradle-to-Covestro-Gate) nach internen Berechnungen auf der Grundlage der Methodik unserer Ökobilanz, die vom TÜV Rheinland kritisch geprüft wurde, basierend auf den ISO-Normen 14040 und 14044.
Eine im Berichtsjahr neu entwickelte Lösung ermöglicht es außerdem, Bergbausiebe mit Einlage mechanisch zu recyceln, anstatt sie – wie bisher – zu verbrennen oder auf einer Deponie zu entsorgen. Durch den Ersatz einer neuartig hergestellten Einlage wird das Sieb mechanisch recycelbar und kann in feine Pellets verwandelt werden. In einem zweiten Schritt können diese Pellets dann in einer von uns entwickelten Anlage verarbeitet und einer Rezeptur zur Herstellung neuer Siebe hinzugefügt werden. Darüber hinaus können in einer solchen Rezeptur massenbilanzierte Produkte verwendet werden.
Elektrik-, Elektronik- und Haushaltsgeräteindustrie
Im Bereich der Elektrik-, Elektronik- und Haushaltsgeräteindustrie wurden im Berichtsjahr neue Materialien entwickelt, wobei auch hier der Fokus auf Nachhaltigkeit lag. Beispielsweise wurden neue Compoundierungsprodukte mit einem hohen Anteil an sogenanntem Post-Consumer-Rezyklat (PCR) entwickelt, die das PCR-Portfolio für ein weites Spektrum von Anwendungen ergänzen. Zudem wurde ein klimaneutrales* Portfolio mit der Produktgruppe Makrolon® RE aufgebaut, das Lösungen für alle wichtigen Bereiche der Elektrik- und Elektronikindustrie bietet. Darüber hinaus wurde ein Portfolio von Produkten mit verbessertem Flammschutz entwickelt, die verbesserte Eigenschaften in Bezug auf Steifigkeit und Zähigkeit mit einfacher Verarbeitung kombinieren. Diese Produkte werden für Niederspannungsanwendungen wie z. B. Leistungsschalter für das Schalten hoher Ströme und intelligente Stromzähler (Smart Meter) verwendet. Auf dem Gebiet der Wärmemanagementlösungen wurde das Portfolio durch flammgeschützte Materialien ergänzt, die häufig in den Bereichen Hausautomatisierung, Stromversorgung und Beleuchtung eingesetzt werden.
*Klimaneutral (Cradle-to-Covestro-Gate) nach internen Berechnungen auf der Grundlage der Methodik unserer Ökobilanz, die vom TÜV Rheinland kritisch geprüft wurde, basierend auf den ISO-Normen 14040 und 14044.
Außerdem bieten wir nachhaltigere thermoplastische Elastomere für bspw. Unterhaltungselektronik an. Diese Materialien zeichnen sich durch Eigenschaften aus, die mit denen thermoplastischer Elastomere auf rein fossiler Basis vergleichbar sind, jedoch eine verbesserte Umweltbilanz aufweisen. Mit der Einführung von teilweise biobasierten Produkten in der Produktgruppe Desmopan® CQ kombinieren wir nun alternative Rohstoffe, die direkt aus Biomasse gewonnen werden, und Rohstoffe mit erneuerbaren Anteilen, die über den Massenbilanzierungsansatz zugewiesen werden. Die mit erneuerbarer Energie hergestellten Produkte zeichnen sich durch einen nachhaltigen Masseanteil von bis zu 80 % aus und ermöglichen gleichzeitig eine Reduzierung der CO2-Emissionen um bis zu 52 %.
Andere Industrien
Zur weiteren Stärkung unseres Angebots für die Windindustrie wurde am Standort in Leverkusen ein neues Windtechnologiezentrum eingerichtet. In diesem Zentrum forscht Covestro an Materiallösungen für die nachhaltige Energieerzeugung, z. B. an der Neuentwicklung und Optimierung von Polyurethan-Harzen zur Herstellung von Rotorblättern für Windturbinen. Dies geschieht in enger Kooperation mit unseren Kunden, um industrierelevante und robuste Lösungen zu entwickeln. Ein weiteres Anwendungsfeld im Bereich der Windenergie für unsere Produkte besteht bei Kabelschutzlösungen aus Polyurethan-Elastomeren für Offshore-Windkraftanlagen. Um die Größe des Kabelschutzes zu reduzieren, hat Covestro eine neue Rezeptur entwickelt, mit der die erforderliche Materialmenge um bis zu 30 % verringert werden kann, ohne dass die Eigenschaften der Anwendung beeinträchtigt werden. Daneben wird diese Rezeptur eine der ersten sein, die in einer Massenbilanzversion erhältlich sein wird.
Covestro hat außerdem für die Gesundheitsindustrie ein innovatives Konzept zur Verabreichung von Arzneimitteln entwickelt. Dabei kommen die Produktgruppen Makrolon® oder Bayblend® mit verschiedenen Eigenschaften, wie z. B. geringem Reibungswiderstand oder Glasfüllung, zum Einsatz. Dieses auf Polycarbonat basierende Konzept erlaubt eine vereinfachte Sortierung für das Recycling im Vergleich zu herkömmlichen Vorrichtungen für die Verabreichung von Medikamenten. Darüber hinaus wurde ein Material mit niedrigem CO2-Fußabdruck in der Produktgruppe Makrolon® für Atemwegs- und Medikamentenanwendungen eingeführt. Da Krankenhausinfektionen in der Gesundheitsbranche ein Problem darstellen, entwickeln wir Werkstoffe, die aggressiven Desinfektionsmitteln widerstehen können. Hierfür wurden neue flammhemmende Makrolon®- und Makroblend®-Werkstoffe für den Einsatz in langlebigen medizinischen Geräten entwickelt und eingeführt.