26.Rechtliche Risiken
Als international tätiges Unternehmen ist der Covestro-Konzern einer Vielzahl rechtlicher Risiken ausgesetzt. Hierzu gehören insbesondere Risiken aus den Bereichen Produkthaftung, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Patentrecht, Steuerrecht und Umweltrecht sowie Compliance-relevante Themen wie Korruption und Exportkontrolle. Die Ergebnisse gegenwärtig anhängiger bzw. künftiger Verfahren sind nicht vorhersagbar, sodass aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Entscheidungen oder der Vereinbarung von Vergleichen Aufwendungen entstehen können, die nicht oder nicht in vollem Umfang durch Versicherungsleistungen abgedeckt sind und wesentliche Auswirkungen auf das Ergebnis des Covestro-Konzerns haben können.
Die nachfolgend beschriebenen Rechtsverfahren stellen die aus heutiger Sicht wesentlichen Rechtsrisiken dar, sind indes nicht als abschließende Auflistung zu verstehen.
Kohlenmonoxid-Versorgungsleitung von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen
Mit der Kohlenmonoxid-Versorgungsleitung sollen die Chemiestandorte Dormagen und Krefeld-Uerdingen verbunden und das schon bestehende Verbundsystem zwischen Dormagen und Leverkusen ergänzt werden. Damit soll eine sichere, reibungslose und standortübergreifende Versorgung mit Kohlenmonoxid sichergestellt werden. Die Inbetriebnahme der Ende 2009 nahezu fertiggestellten Pipeline ist aufgrund laufender gerichtlicher Verfahren derzeit noch nicht möglich. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Jahr 2011 die wesentlichen Aspekte des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere die Sicherheit der verwendeten Materialien und die Rechtskonformität des Rohrleitungsgesetzes, bestätigt hatte, gingen die Kläger und die beklagte Bezirksregierung in Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Jahr 2014 keine prinzipiellen Einwände gegen die Sicherheit und Trassenwahl der Pipeline, stellte jedoch die Verfassungsmäßigkeit des Rohrleitungsgesetzes infrage, welches die rechtliche Basis des Projekts darstellt. Am 21. Dezember 2016 wies das Bundesverfassungsgericht die entsprechende Vorlagefrage des Oberverwaltungsgerichts Münster mit Beschluss als unzulässig zurück und bestätigte damit die rechtliche Einschätzung des Covestro-Konzerns. Nunmehr hat sich das Oberverwaltungsgericht Münster wieder mit dem Berufungsverfahren inhaltlich auseinanderzusetzen.
Zivilrechtliche Diisocyanat-Sammelklagen (USA)
Am 9. Juli 2018 wurde der Covestro LLC, Pittsburgh (USA) – nebst zahlreichen weiteren Beklagten – die erste von bisher zwölf Sammelklagen verschiedener US-amerikanischer Diphenylmethan-Diisocyanat (MDI)- und Toluylen-Diisocyanat (TDI)-Kunden zugestellt. Die Kläger behaupten, die Beklagten würden seit dem 1. Januar 2015 verschiedene kartellrechtliche Vorschriften des Sherman Act verletzen, indem sie koordiniert MDI- und TDI-Produktionskapazitäten verknappt und gleichzeitig Preiserhöhungen für diese Produkte im Markt durchgesetzt hätten. Am 3. Oktober 2018 entschied das zuständige Rechtskomitee (Judicial Panel on Multidistrict Litigation), alle Sammelklagen im prozessualen Vorverfahren am Distriktgericht in Western Pennsylvania zu bündeln. Im Wesentlichen gestützt auf die gleichen Behauptungen und daraus vermeintlich resultierender Verletzungen der bundesstaatlichen Verbraucherschutz- und Kartellgesetze reichte zudem der Generalstaatsanwalt von Mississippi im Namen des Bundesstaates und seiner Bürger im September 2019 eine gesonderte Zivilklage gegen die Covestro LLC und zahlreiche weiteren Beklagte ein. Covestro sieht – auch angesichts der im November 2018 offiziell eingestellten sechsmonatigen Untersuchung des US-Justizministeriums zu möglichen wettbewerbswidrigen Praktiken im Bereich MDI – derzeit keinerlei Ansatzpunkte für diese Vorwürfe und wird sich daher mit allen rechtlichen Mitteln gegen diese Klagen verteidigen.
Das folgende Rechtsverfahren konnte im Geschäftsjahr 2019 abgeschlossen werden:
Informationspflichten für die Verwendung von Diisocyanaten (USA)
Am 14. September 2016 wurde der Covestro LLC, Pittsburgh (USA), – nebst drei weiteren Beklagten – eine Klage einer Rechtsanwaltskanzlei und Klägerin vor einem kalifornischen Bundesgericht (California Federal Court) zugestellt, die mittlerweile im Einvernehmen der Prozessbeteiligten an ein Bundesgericht in Washington D.C. (USA) übertragen worden ist. Ziel dieser Klage ist es, finanziellen Schadensersatz aufgrund vermeintlich fälliger und durchsetzbarer Bußgelder zu erhalten, welche die Beklagten angeblich der Umweltschutzbehörde der Vereinigten Staaten (Environmental Protection Agency) schulden, weil sie es unterlassen haben sollen, Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit der Herstellung und der Verwendung von TDI, MDI und Polymeres Diphenylmethan-Diisocyanat (PMDI) offenzulegen. Obgleich die US-Regierung nach den einschlägigen Gesetzen hinreichend Gelegenheit hatte, zu intervenieren und die Ansprüche selbst zu verfolgen, lehnte sie diese Möglichkeit ab. Daher steht es nunmehr der Rechtsanwaltskanzlei frei, die geltend gemachten Ansprüche anstelle der Regierung zu verfolgen. Behauptet werden bußgeldbewehrte Verstöße der Beklagten gegen den „Toxic Substances Control Act“ (TSCA) und den „False Claims Act“ (FCA). Am 23. Oktober 2017 wurde die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Die Klägerin legte indes fristgemäß Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein, welches seitens des Gerichts in erster Instanz am 22. Juni 2018 abschlägig beschieden worden ist. Daraufhin legte die Klägerin fristgemäß Berufung ein, die nach mündlicher Verhandlung am 13. Mai 2019 durch das zuständige Berufungsgericht vollumfänglich zurückgewiesen wurde. Die Frist zur möglichen Einlegung einer Petition zum U.S. Supreme Court durch die Klägerin lief am 3. Oktober 2019 fruchtlos ab. Somit ist die Klageabweisung rechtskräftig und der Rechtsstreit beendet.