Wohin geht die strategische Reise von Covestro?

Dr. Markus Steilemann: Das Motto unseres diesjährigen Geschäftsberichts zeigt die Richtung auf: „Beyond“. Wir haben die Zukunft auch jenseits kurzfristiger Trends fest im Blick und werden weiterhin Grenzen verschieben, um innovative Produkte und Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft bereitzustellen. Dabei ist Nachhaltigkeit unser Nordstern, um Lösungen für die großen globalen Herausforderungen der Welt zu finden und gleichzeitig Wachstumschancen zu nutzen.

Unsere Materialien ermöglichen zahlreichen Schlüsselindustrien den Weg in eine zunehmend nachhaltige und digital geprägte Zukunft – etwa Elektromobilität, energiesparende Stadtentwicklung oder effizientere erneuerbare Energien. Denn Fakt ist: Für die Zukunft unseres Planeten ist Plastik unentbehrlich, Hightech-Kunststoffe gehören zu den nachhaltigsten Materialien überhaupt.

Dafür müssen Wirtschaft und Gesellschaft aber vor allem zu nachhaltigeren Produktions- und Konsummustern finden. Deshalb treiben wir die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft voran und richten Covestro konsequent dahin gehend aus. 2019 haben wir dazu ein strategisches Langfrist-Programm aufgesetzt. Es gilt, Kunststoffe am Ende ihrer Nutzungsphase als wertvolle Ressourcen zu behandeln. Hierzu werden wir die Entwicklung innovativer Recyclingverfahren vorantreiben.

Außerdem wollen wir langfristig so weit wie möglich auf fossile Ressourcen wie Erdöl verzichten und andere Kohlenstoffquellen nutzen: Kunststoffmüll ebenso wie pflanzliche Biomasse und Kohlendioxid. Damit helfen wir, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.

„Beyond“: Unser wichtigstes Gut, um diesen Anspruch zu erfüllen, sind und bleiben unsere Mitarbeiter. Wir sind überzeugt, dass uns die Kreativität und mutige Entschlossenheit jedes Einzelnen den entscheidenden Schritt weiterbringt.

Welche Rolle spielt die digitale Customer-Experience für Covestro?

Sucheta Govil: Digitale Technologien sind zu einem integralen Bestandteil unseres Alltags geworden. Entsprechend erwarten unsere Kunden von uns das, was sie aus anderen Bereichen ihres Lebens kennen – einfach auffindbare, ansprechend dargestellte Produkte oder sogar vollständig digitale Kauferlebnisse. Wir wollen hier Vorreiter für die chemische Industrie sein. Erste Erfolge sind bereits sichtbar, zum Beispiel unser Covestro Direct Store powered by Asellion, unser WeChat-Kanal oder der Alibaba1688-Flagship-Store in China. Darüber hinaus ermöglicht die umfassendere Nutzung von Daten mithilfe künstlicher Intelligenz eine verbesserte Steuerung der Lieferketten – mit unmittelbaren und positiven Impulsen für unsere Kunden.

Als eines der führenden Unternehmen in unserer Industrie gestalten wir deshalb neue Vertriebswege. Unsere Kunden sollen auf den neuen Plattformen rund um die Uhr und mit nur wenigen Klicks unsere Produkte einkaufen können. Detaillierte Produktinformationen, -vergleiche, und -muster lassen sich im neuen Covestro Solution Center finden. Und für die passgenaue Entwicklung neuer Produkte arbeiten wir mit High-Performance Computing, um schneller und effizienter Forschungsergebnisse zu erzielen. Hier zeigt sich die Zukunft unserer Industrie. Das enorme Potenzial werden wir zukünftig noch stärker ausschöpfen – wie immer mit höchsten fachlichen Anforderungen.

Wie verlief das Geschäftsjahr?

Dr. Thomas Toepfer: Wir haben im Geschäftsjahr 2019 ein solides Ergebnis erzielt und unsere selbst gesteckten Ziele erreicht. Dies ist vor dem Hintergrund des wirtschaftlich herausfordernden Umfelds ein Erfolg. Wie erwartet liegen unsere Finanzergebnisse dabei unter dem Vorjahr, was vor allem auf niedrigere Verkaufspreise zurückzuführen ist. Obwohl wir die Absatzmengen im Kerngeschäft gegenüber 2018 um 2,0 Prozent steigern konnten, mussten wir beim EBITDA einen Rückgang von knapp 50 Prozent verzeichnen. Der Konzernumsatz ist um 15,1 Prozent auf rund 12,4 Mrd. Euro gesunken.

Besonders freut mich, dass die Nachfrage nach unseren Produkten weiterhin intakt ist: Das deutlich positive Mengenwachstum zeigt, dass wir auf die richtigen Produkte und Lösungen setzen. Zugute kommt uns zudem unsere breite Aufstellung über verschiedene Branchen und Regionen hinweg: Beispielsweise konnte die schwächere Auftragslage in der Automobilindustrie durch hohe Nachfrage in der Bau-, Möbel- sowie Elektro-, Elektronik- und Haushaltsgeräteindustrie kompensiert werden. Das ist auch ein großer Verdienst unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich an veränderte Marktbedingungen ständig neu anpassen und kontinuierlich innovative Lösungen für unsere Kunden entwickeln.

Auch 2020 wird ein herausforderndes Jahr. Deshalb müssen wir noch effizienter werden und uns auf die richtigen Projekte konzentrieren. Bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir mit unserem Effizienzprogramm „Perspective“ Einsparungen in Höhe von 150 Mio. Euro erzielt. Zugleich haben wir unsere Organisation schneller und schlagkräftiger aufgestellt.

2019 war ein Jahr der Rekordinvestitionen. Worauf liegt Ihr Fokus?

Dr. Klaus Schäfer: Unsere Produkte ermöglichen ein nachhaltiges und modernes Leben. Dafür investieren wir kontinuierlich in den Erhalt und den Ausbau unserer Produktionsanlagen, 2019 über 200 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Denn auch wenn 2019 vom steigenden Margendruck geprägt war, haben wir unsere Absatzmengen weiter gesteigert. Auch mittel- und langfristig haben wir mit unseren an Nachhaltigkeit orientierten Innovationen beste Wachstumschancen. Mit Investitionen in neue Anlagen schaffen wir die Voraussetzungen dafür, zukünftig daran partizipieren zu können.

2019 haben wir zum Beispiel mit der globalen Erweiterung unserer Folienproduktion wieder wichtige Meilensteine erreicht und treiben die Umsetzung unserer Projekte konsequent voran. Parallel dazu arbeiten wir weiter daran, unsere Produktion sicher, zuverlässig und effizient zu gestalten. Hier eröffnet vor allem die Digitalisierung neue spannende Möglichkeiten. „OSI2020“, unser globales Projekt zur stärkeren Verzahnung von Engineering- und Produktionssystemen, ist in die nächste Phase der Umsetzung gestartet. In Caojing nahe Shanghai wiederum pilotieren wir Systeme zur vorausschauenden Wartung unserer Anlagen mithilfe künstlicher Intelligenz. Diese Potenziale zur weiteren Optimierung unserer Produktionsprozesse werden wir entschieden nutzen.